Gottesdienst dient der Mahnung und der Versöhnung
Pastor der eine, Journalist der andere: Christian Steinmeier, Jahrgang 1988, und Dirk von Werder, 1958 geboren, hatten beide viele Jahre ihres Lebens gehofft, dass die Menschheit aus der Vergangenheit gelernt haben könnte, Kriege immer seltener würden. Weit gefehlt: In der Ukraine wie im Nahen Osten sterben Menschen durch Bomben und Panzereinsatz, durch Gewalt und Gegengewalt. Steinmeier und von Werder wollen daher die Gottesdienste zum Volkstrauertag in Mandelsloh (10 Uhr) und Laderholz (13 Uhr) gemeinsam gestalten. „Wir verstehen den Tag als Mahnung, als Trauer um all die Toten von Krieg und Gewaltherrschaft“, sagt der Mandelsloher Pastor Steinmeier. Journalist von Werder ergänzt: „In jedem Krieg sterben unschuldige Menschen, sterben Kinder, Jugendliche, die ihr Leben doch eigentlich vor sich haben.“ Der frühere HAZ-Redakteur hat ein Buch über derart unschuldige Opfer geschrieben, aus dem er bei den Gottesdiensten lesen wird: „Elsbeths Reise“, das eine Katastrophe am Bahnhof Lindwedel (Heidekreis) vom 15. Oktober 1944 schildert.
Eine Fliegerbombe traf einen am Bahnhof stehenden Güterzug, in dem Seeminen und Torpedos transportiert wurden. Auf dem Gegengleis stand ein voll besetzter Personenzug, mit Krankenschwestern an Bord, auch Kriegsgefangenen aus Russland oder Frankreich, und Menschen wie die 19-jährige Magdalene Schöneberg aus Helstorf oder die neunjährige Elsbeth, die vom Großvater nach Hameln gebracht werden soll – zu ihrer Mutter. Elsbeth überlebt, Magdalene, die 19-Jährige, stirbt. Als eine von bis zu 460 Menschen am Bahnhof und im Dorf Lindwedel. Mehrere furchtbare Detonationen töten Menschen in bis zu 500 Metern Entfernung. Die genaue Zahl der Toten war nie zu ermitteln, in Bahnhofsnähe zerriss es die Opfer förmlich. Der Lindwedeler Bürgermeister Artur Minke ist Co-Autor des Buches.
Steinmeier und von Werder liegt viel an Versöhnung, am Glauben an eine Zukunft im friedlichen Miteinander von Menschen. Der Schluss des Buches ist daher versöhnlich: In Lindwedel lernen sich Engländer und Deutsche, wenige Tage zuvor noch Feinde, nach dem 8. Mai 1945 als Menschen kennen und schätzen, spielen Fußball miteinander, feiern zusammen. Erstaunt fragt ein 14-Jähriger: „Und das sollen unsere Feinde gewesen sein?“